Frau Wilhelmine Beibler


Wilhelmine Beibler
Wilhelmine Beibler (links) mit Tochter Klara und ihrem ersten Schwiegersohn, Richard Plöhn Quelle: Karl-May-Wiki (Bild verlinkt auf Ursprungsseite)

geb. Höhne

geb. in Groß-Möhlau am 31. Juli 1837

gest. in Radebeul am 27. Juni 1909, Erstbestattung auf dem Radebeuler Friedhof, Zwangsumbettung mit Einäscherung und anonymer Grablege im April 1942

Grab: Tolkewitzer Urnenhain, Grabfeld Nr. 103/045 "Sammelstelle Heckenwandstelle 45" an der Birke 


Würde Wilhelmine Beibler uns Heutigen ihre Geschichte erzählen, würde das vielleicht so klingen:

 

"Ich wuchs in Groß-Möhlau auf. Das ist in der Nähe von Gräfenhainichen in Sachsen-Anhalt, und eigentlich gibt es den Ort nicht mehr. Ich bin eine Sächsin, denn bis 1944 gehörte mein Dorf zu Sachsen, während die Klein-Möhlauer hinterm Mühlbach schon immer Anhaltiner waren. 

 

Geheiratet habe ich erst mit 27 und mein Mann war ein Hofbediensteter des Dessauer Herzogs. Als Kastellan des Amalienstiftes, einer wohltätigen Einrichtung für arme und kranke Frauen war er eine Art Hausmeister. Er hieß Johann Ludwig Heinrich Beibler und war ein 75jähriger Witwer.

Schon 3 Monate später wurde unsere gemeinsame, eheliche Tochter Klara geboren. Es gab Gerüchte, das Klara nicht mein erstes Kind war und sie eine ältere, früh verstorbene Schwester namens Wilhelmine hätte. Ich schweige darüber. Es waren andere Zeiten.

 

Fortan lebten wir im Betsaalgebäude des Amalienstifts in Dessau, einem historischen Stadtpalais in welchem es nie langweilig wurde. Wer hat schon eine Gemäldesammlung der Frankfurter Malschule im Haus, die öffentlich zugänglich ist? Mein Mann starb kurz vor unserem 16. Hochzeitstag, und meine Klara heiratete 1881 ihren Richard.

 

Er war Mitinhaber der Firma "Plöhn & Hopf, Ätherische Öle en gros" und die Hochzeit war in der Leipziger Matthäikirche. Fortan lebten wir in Leipzig, ich war zu meiner Tochter gezogen.

Kinder hatten sie leider keine, und nachdem Richard seine Öl-Firma verkaufte, zogen wir 1889 nach Radebeul, wo er bald seine neue Firma für den Handel von chirurgischen Instrumenten und Verbandstoffen gründete. Sie leisteten sich dann auch mal eine größere Reise bis nach Russland. Da war unsere Welt noch in Ordnung. Richard war immer ein herzensguter Mensch und tat alles, was man ihm auftrug. Wir trafen uns auch sehr oft mit den Mays. Die hatten wir hier in Radebeul kennengelernt und Karl war mir sehr ans Herz gewachsen. 

 

Kurze Zeit später kam dann der Schock. Richards Schmerzen in der Nierengegend entpuppten sich als unheilbare Bright´sche Krankheit. Er musste seine Firma verkaufen und starb im Februar 1901. 

 

Da war dieses verfluchte Grabmal noch nicht fertiggestellt und man kann heute sagen, das mein erster Schwiegersohn keine segensreiche letzte Ruhe fand. Es war der Beginn einer Geschichte, die so unfassbar ist, das ich es heute noch nicht verstehen kann. 

 

Ich selbst interessierte mich sehr für die neuen spirituellen Lehren die damals aufkamen. Es war so eine Zeit, da war alles möglich. Selbst Tote in sogenannten spiritistischen Sitzungen erscheinen zu lassen. Das haben wir auch manchmal mit Klara und Emma abends versucht. Ich hätte nie gedacht, das ich auch mal zu so einem ruhelosen Geist werden könnte! 

 

Am 27. Juni 1909 starb ich im Bilz-Sanatorium an Nierenkrebs. Richard und mich sollte mehr verbinden als unsere kranken Nieren, aber das ahnte ich damals noch nicht. Im April 1942 fanden unsere Urnen unter einer Birke im Tolkewitzer Urnenhain ihre hoffentlich letzte Ruhe. Meine Klara starb nach diesem elendigen Kampf um ein Grab und wer darin liegen darf - und wer nicht - nur 3 Jahre später. 

 

Andererseits gäbe es keine wissenschaftlichen Abhandlungen über unser aller ewige Ruhe, wäre meine Tochter Klara nicht sie selbst gewesen. Mit all ihren Fehlern und ihrer Überzeugung. Ihrer Begeisterung für das Heroische, das Griechische und den Nationalhelden, dessen Licht gelenkt werden musste, um die Schatten zu verstecken. Über unser aller Tod hinaus. Mein friedliebender Junge wäre mit einigen Entscheidungen nicht einverstanden gewesen- aber es ging ihm so wie uns allen. Klara entschied, wie die Biographie Karl Mays, des bekanntesten Hochstaplers der damaligen Zeit, post mortem aussehen sollte.

Und die Politik und die Zeit entschieden, wo der Held begraben liegt."

 

Grabmal Karl und Klara Mays. Ehemaliges Grab für Richard Plöhn und Wilhelmine Beibler. Foto: Susann Wuschko

Ein verfluchtes Grab?

Was es mit dem Grab auf sich hat, in welchem heute Karl und Klara May liegen und warum es eben NICHT ein Denkmal für Karl May ist- von ihm und für sich zur ewigen Erinnerung geschaffen- das wird in Zukunft noch ein Thema sein... einen Krimi schreibt man auch nicht an einem Tag!


Weiterführende Seiten und meine Quellen:

 

Karl-May-Wiki

Für alle Fans von Winnetou und Co. wohl ein Muss in Umfang und Details.

Vor allem wird hier versucht, dem Schriftsteller korrekt gerecht zu werden und Wahrheit von Pressedarstellungen und Fantasie zu trennen. Das Forum bietet May-Interessierten die Möglichkeit des Austauschs.

 

Karl-May-Gesellschaft

Für Historiker und Karl-May-Forscher die wohl wichtigste Quelle. Hier findet man u.a. die Publikationen der KMG wie zum Beispiel die Jahrbücher. Das

Schöne daran ist, das alle Texte frei verfügbar gibt. So ist die Recherche vor allem in den älteren Schriften leicht möglich.  Durch die Wissenschaftlichen Artikel sind vor allem die hilfreichen Quellenverweise gegeben.

 

Quelle für die Recherche zum Grabmal Karl Mays:

25. Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft (1995)