150 Jahre Friedhof der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde Pirna


 

Bereits um das Jahr 1860 war es klar- Pirna mit seinen umliegenden Dörfern benötigte einen größeren Friedhof. Die beiden bisherigen an der Nikolaikirche und der "Weite Kirchhof" waren fast vollständig belegt und die Industrialisierung förderte den Zuzug in die Stadt nahe Dresdens.

 

So beschloss man letztendlich, das Areal am Feistenberg zu erwerben und schuf damit genügend neue Fläche, um später und mit weiteren Landankäufen auch landschaftsgestalterisch wirken zu können. Denn der Pirnaer Friedhof ist mehr als ein typischer "Gottesacker". Sowohl botanische Raritäten als auch die sehr interessante Wegführung mit Einbindung des Feistenberges und seiner Höhenzüge machen ihn zu einem wundervollen Parkfriedhof, der mir bisher noch entgangen war.

 

Im Zuge meiner Forschungen wurde mir klar, das die Stadt an der Elbe mit Sicherheit auch einige interessante Grabmäler aus dem 19. Jahrhundert bieten könnte, handelt es sich schließlich um eine historische, wirtschaftlich erfolgreiche Stadt mit ihren Bürgern, die sich mit Sicherheit etwas von der großen Schwesterstadt abgeschaut haben.

 

Dies ist auch ein kleiner Tipp von mir für Alle, die gern mal selbst auf die Suche gehen nach "Neuen" historischen Friedhöfen: die Wirtschaftslage im 19. Jh. färbte auch immer auf die Grabmäler ab! Wer also qualitativ hochwertige Bildhauerarbeiten sucht, sollte nach dem "Geldadel" in der jeweiligen Region Ausschau halten- dort, wo sie ihre erfolgreichen Firmensitze hatten, lebten und starben sie meist auch... und dort wollten sie nicht vergessen werden!

 

Fritz Drechsler und die Friedhofserweiterung von 1910

Zurück zum Pirnaer "kleinen Phänomen" des Lanschafts- Friedhofs. Irgendwie erwartet man es gar nicht so ganz, wenn man durch den heutigen Haupteingang an der Dippoldiswalder Strasse eintritt. Da liegen, wie gewohnt, die rechteckig angelegten Flächen mit den typischen Grabreihen der Jetzt-Zeit. Und in den Randbereichen die größeren Familiengräber. So kennt man es aus dem 19. Jh. und dies ist der alte Teil der Anlage.

 

Um 1910 wird eine Erweiterung geplant- Richtung Südwesten- und somit mit Einbindung des Hanges. Man war sich wohl nicht so ganz sicher ob der Entwürfe des königlich-sächsischen Gartenbaudirektors Max Bertram und legte diese zur Prüfung dem Leipziger Architekten Fritz Drechsler vor. Der lieferte gleich mal einen Gegenentwurf und so bietet der Pirnaer Friedhof einen nicht ganz unbekannten Architekten als Gestalter auf.

 

Dieser Erweiterungsteil sticht schon im Plan durch seine Rampen und die Ausrichtung auf die "Villa" (ehemals als Bestattungshaus geplant) heraus. 1945 sollten große Teile des Friedhofs einem Bombenangriff zum Opfer fallen (das vorzeitige Abwerfen der Bombenfracht eines Fliegers war wohl eher ungeplant). Danach dauerte es diese Teile, vor allem im Waldfriedhof- Areal, wieder für Bestattungen nutzbar zu machen und es werden wohl auch einige Grabmäler dabei unwiederbringlich zerstört worden sein.

 

Eine kleine aber feine Ausstellung zum Jubiläum...

Friedhof Pirna Bild: Susann Wuschko

 

Heute präsentiert sich der Pirnaer Friedhof wieder von seiner gärtnerisch schönen Seite und so einigen figürlichen Überrraschungen , die natürlich nicht alle vorher verraten werden sollen. Es lohnt sich auf alle Fälle, vor allem auch in diesem Jubiläums-Jahr, während der Sonderausstellung, diesen Friedhof zu entdecken.

 

An dieser Stelle möchte ich mich auch einmal bei den Ausstellungsmachern bedanken- da wurde mit viel Liebe recherchiert und vor allem wurden auch die Künstler nicht vergessen, absolut lesens-und sehenswert und eine wahre Inspirationsquelle! Man sollte sich auf alle Fälle den kleinen Plan genauer ansehen, den es als Flyer dort kostenlos gibt, da er außer den "Persönlichkeiten der Stadt" die künstlerisch wertvollen Grabmäler enthält als auch- und das ist es, was den Pirnaer Friedhof auch für Garteninteressierte spannend macht- die Botanischen Raritäten. (Und ja, jetzt stelle auch ich fest, das ich da wohl noch einmal zu Besuch sein werde- um den "Sieben-Söhne-des-Himmels-Strauch" kennenzulernen, aber man lernt ja nie aus!)

 

Die Sonderausstellung finden Sie vom 27. Juni bis 22. November im Gedenkraum im linken Torhaus /gleich beim Haupteingang). Sie ist kostenlos und zu folgenden Zeiten geöffnet: Montags, Donnerstags, Freitags von 9.-15.30 Uhr, Dienstags von 10.-18.00 Uhr und Sonntags von 14.-17.00 Uhr. 

 

 


Mein persönlicher Tipp für eine individuelle Tagestour (auch für alteingesessene Dresdner!):

Von Dresden aus sind es nur wenige Kilometer bis Pirna, und wer dann noch ein wenig Lust auf Gärtnerische Kostbarkeiten hat, schaut im Barockgarten Großsedlitz oder im Kamelienschloss in Pirna-Zuschendorf vorbei.

 

Pirnas Marktplatz und die Gassen des Altstadtkerns bieten außer interessanter Architektur und der Lage an der Elbe auch nette Cafés und Restaurants. Gerade im Jahre 2020 kann dies eine sehr schöne Alternativtour ohne touristische Massenströme sein! Einen weiteren Tipp gleich in der Nähe Pirnas finden Sie demnächst auch hier.


Einige Eindrücke vom Pirnaer Friedhof: