Der Kriminelle und das Vorurteil- der Nekrophilie-Fall Francois Bertrand und der Mut zu Hinterfragen


Verdachtsperson in Schwarzer Kutte- wie Vorurteile eine Subkultur prägen

 

Haben Sie sich schon einmal mit der Nekrophilie beschäftigt? Der Todessehnsucht?

Oder anderen, dunklen Themen dieser Art?

Nein?- Oh, das liegt wohl daran, das man Ihnen noch nie unterstellte, solchen Hobbies zu fröhnen...

 

Wenn Sie auf der "Schwarzen Seite" stehen, der die "normale Gesellschaft" gern sowas unterstellt, dann beschäftigt Sie es irgendwann. Nicht, weil Sie das Thema besonders anziehend finden- ehrlich gesagt weiß ich bis heute nicht, wie Menschen auf solche Verbindungen kommen (liegt wohl an skandalösen Horrornachrichten der 90er Jahre)- aber es ist immer gut zu wissen, was Ihr Gegenüber in Ihnen vermeint zu er-KENNEN. Ohne, das diese Person jemals nachgefragt hätte. Ohne, das man Ihnen die Chance gibt, Ihre Sicht der Welt zu erklären. Und ohne, das sie wirklich den Ursprung der Sache kennt, stattdessen nur auf Hörensagen vertraut.

 

Irgendwann wollen Sie sich nicht mehr erklären- die "normale Gesellschaft" bringt Ihnen bei, das Ihr Lebensstil nur eine "Phase" ist und das vorbei geht. Mit 40 Jahren und einer 25jährigen "Grufti-Geschichte" glaube ich sagen zu können, das das mit der Phase ein Vorurteil ist. So wie viele Dinge aus Unwissenheit entstehen, sich manifestieren und dann zur Definition einer ganzen Subkultur werden.

 

Damit Sie das nächste Mal, wenn Sie einen "Grufti" auf einem Friedhof treffen, der Fotos macht, nicht panisch zur Seite springen müssen und sich Gedanken machen, ob dieser des Nächtens zurückkommt und eine Schwarze Messe zelebriert oder sogar irgendwas Schändliches an den Verstorbenen vornehmen will, verrate ich Ihnen heute ein paar Interna...

 

"Grufties"- also Menschen, die meist Schwarz tragen, gern auch mal etwas mehr Zeit vor dem Spiegel brauchen, um sie selbst zu werden und die bekanntlich irgendwie "ganz anders" sind als "WIR", treffen Sie unbewusst viel öfters als gedacht. Als Krankenpfleger, Bankangestellte, Bestatter, Kindergärtner oder auch -Gästeführerin. Und in vielen Fällen merken Sie es gar nicht. Nur dann, wenn das Außen das Innen spiegeln darf erkennen Sie ganz offensichtlich wer da vor Ihnen steht. 

 

In den 90er Jahren war anders zu sein noch sehr viel anstrengender als heute- zumindest wurde die offene Abneigung klarer kommuniziert. Horror-Fernsehbeiträge von aufmüpfigen Jugendlichen die nachts Gräber schänden prägten eine ganze Subkultur und ließen sie wie eine "satanische Jugendszene" erscheinen. Ich will nicht sagen, das es das nicht gab (gibt?)- aber grundlegend sind schwarz gekleidete Menschen nicht geisteskrank, depressiv oder wollen nur rebellieren und auffallen. Wenige Verrückte werfen ein schlechtes Bild auf eine große Gruppe. Das kennen wir vom Fußball und den Hooligans- also warum soll es in einer Subkultur, die sich über sehr vage Übereinstimmungen definiert, nur Negativ-Auffällige geben?

 

Das sagte sich die Stadt Leipzig irgendwann auch und wurde mutig. Sie ließ uns "Schwarze Seelen" für 4 Tage ganz "Wir" sein und merkte, das "Die Schwarzen" ja ganz friedliche Wesen sind. Äußerlich so auffällig wie ein Schwarzer Karneval in Venedig, innerlich so aufgeräumt, das an jedem Zelt des Treffen-Zeltplatzes Handfeger und Müllbeutel zur Standardausrüstung gehören. "Grufties" sind Spiesser! -Bewahren die Contenance, denn Schwitzen schadet dem MakeUp und generell gilt: sie fühlen sich gern akzeptiert und sind dankbar, wenn man sie einfach nur "Leben" lässt. Allerdings neigen Sie auch zur Perfektion- sowohl im Äußerlichen als auch in ihrem Anspruch an Tiefgründigkeit. Auch wenn sie selbst diese Ansprüche kaum erfüllen können- oberflächliches Halbwissen wird schnell enttarnt.

 

Was das Ganze mit einem Francois Bertrand aus Paris zu tun hat? Nichts. Und doch sehr viel.

 

Es geht um das Äusserliche und das Innerliche - den Wolf im Schafspelz. Im Gegensatz dazu das offensichtlich Andere, das eigentlich nur es selbst sein will- das schwarze Schaf der Herde. Und am Ende wird alles ganz anders sein, als anfangs zu erkennen war- auch das haben meine Artikel wohl immer zu Eigen....

 

Der Kriminalfall Francois Bertrand

Wie ich auf diesen Kriminalfall der Pariser Geschichte stieß, der im Deutschen kaum bekannt ist? Es war wohl eine Suchhistorie nach einem ganz anderen Thema, die mich zu der Schrift aus dem Jahre 1849 führte.

 

Hier finden Sie das Dokument:

 

Der Vampyr in den Pariser Friedhöfen. Ein höchst interessanter Criminalfall der neuesten Zeit; zunächst für Psychologen und Aerzte. Aus dem Französischen der Gazette des Tribunaux. Stuttgart 1849

 

Die Sitzung des Kriegsrathes von Paris am 10.Juli 1849 über den Angeklagten Sergeant des 74. Linien-Regiments, Francois Bertrand, war eine schaurige Attraktion. Wohl nie zuvor hatte die Pariser gebildete Gesellschaft von einer derartigen Bestialität gehört- der Prozess zog nicht nur Neugierige (sogar Frauen!) an, sondern auch Fachleute aus den Kreisen der Medizin, des Militär, Deutsche und Englische Vertreter der wissenschaftlichen Gesellschaften, Schriftsteller und Künstler. Es wird der Fall werden, der die Psychologie um eine neue Symptomatik bereichern wird. Der Belgische Arzt Joseph Guislain wird den Begriff "nécrophiles" erstmals um 1850 in seinem Werk: Leçons Orales Sur Les Phrénopathies verwenden- mit Bezug auf den Fall Bertrand. Fälle dieser Art gab es in den Jahrhunderten zuvor mit Sicherheit- doch wohl nie war der Verursacher so "normal" erschienen. (Zitat:)

 

"Die Verbrechen, deren der Angeklagte beschuldigt ist, sind so fremder Natur, daß die Einbildungskraft Mühe hat, solche zu fassen. Wer nur die einfache Erzählung davon liest, kann nicht umhin, die Vergehen einem jener Unglücklichen zuzumessen, welche total des Verstandes beraubt und in den wildesten Wahnsinn verfallen sind. Vergebens sucht man jedoch etwas im Charakter des Angeklagten; kein physisches Unglück, kein moralischer Unfall hat sein Geist verwirrt. - Er ist jung, einsichtsvoll, seine Physiognomie trägt den Stempel der Milde und Menschenfreundlichkeit; er spricht mit der größten Ruhe und Kaltblütigkeit von grauenerregenden Verbrechen, deren er sich schuldig gemacht hat." 

 

Das Fehlen jeglicher Andersartigkeit wird den Prozess zum Neuland der Psychologie der menschlichen Seele machen. Der 25jährige Bertrand ist von Anfang an geständig- und schnell wird klar: hier sitzt kein brutales, vom Militär gezeichnetes Subjekt- bevor er ins Militär eintrat war er Student der Theologie, wollte sich dem geistlichen Fach widmen. Im Militär war er Verwaltungs-Gehilfe, wodurch er vom Appell befreit war und frei kommen und gehen konnte, jedoch aufgrund seines sehr regelmäßigen Lebenswandels als guter Unteroffizier galt. Es entsteht vor Gericht das Bild eines völlig durchschnittlichen, zuverlässigen Soldaten- wären da nicht seine Taten!

 

Die -bereits toten- Opfer eines Getriebenen

Der Angeklagte wurde bei seinem letzten Angriff auf den Friedhof von Mont-Parnasse durch eine installierte Falle in Form einer per Draht auslösenden Flinte mit Eisenstückchen verletzt und konnte dadurch überführt werden. Im Hospital vertraute er sich schließlich dem Arzt Marchal von Calvi an und schrieb seine Taten nieder, wodurch auch heute noch die Mindestanzahl der Opfer des Francois Bertrand nachweisbar ist. Zwischen Februar 1847 und seiner Schussverletzung im März 1849 hatte er sich an mindestens 47 Toten vergriffen. Die Zahl ist eindeutig aus seinem Geständnis zu ermitteln, wahrscheinlich werden es aber eher viel mehr gewesen sein, da er selbst von "Schrecklichem Wüten in manchen Nächten" spricht; selbst Zahlen von 12-15 Opfern PRO NACHT nennt.

 

Er wird anscheinend keine Präferenz im Voraus gehabt haben- er gräbt mit bloßen Händen aus, was als neues Grab erkennbar ist, auch bereits 8 tägige Gräber schrecken ihn nicht ab. Trotzdem sind es auffällig oft Frauen und junge Mädchen, die jüngste nachweislich erst 7 Jahre alt- welche er nach eigenen Angaben aufschneidet, ihre Eingeweide herauszieht (bis zur Lunge hinauf) und sie anschließend zerreißt, zerschneidet oder sonst wie zerteilt. Sucht man ein Muster, eine Art rituelle Handlung mit einem Ziel, so sucht man vergebens. Manchmal sind es auch Männer, die er allerdings nicht zerstückelt. Er gräbt die Opfer danach wenn möglich wieder ein, damit seine Tat unentdeckt bleibt. Auf die Frage hin, warum er es tat, diese Antwort:

 

"Ich hatte gar keinen Zweck. Ich fühlte in mir ein unwiderstehliches Bedürfnis, zu zerstören, und nichts vermochte mich zurückzuhalten; ich mußte in einen Kirchhof eindringen,um durch Verstümmlung von Leichnamen meine Wuth zu stillen. Ich kann mir heut selbst noch keine Rechenschaft von den Gefühlen geben, welche mich durchdrangen, als ich den Leichnamen das Todtenkleid in Fetzen vom Leibe riß."

 

Wie weit dieser Zerstörungzwang geht wird deutlich wenn er beschreibt, wie er wusste, das eine Falle für ihn gelegt war. Und trotzdem konnte er es nicht unterdrücken. In seiner eigenen Niederschrift spricht er von "Schwarzen Ideen" und rasendem Kopfweh, nach der Tat von Müdigkeit und Leere. Bereits als Kind wäre er teils ganze Tage im dunklen Wald geblieben und hatte eine Art von Wahnsinn gezeigt. Die Zeugenaussage, das es bei Opfern Spuren von Bissen gegeben hätte, weist er zurück, genauso wie er auch nie Schmückstücke oder andere Grabbeigaben gestohlen hat und sich somit keiner Grabräuberei schuldig gemacht hatte.

 

Die Ungewöhnlichkeit des Falles und der Umstand, das der Angeklagte bereits wochenlangen Kontakt zu dem Arzt Marchal von Calvi hatte macht ihn für die Psychologie der damaligen Zeit interessant. Der Arzt selbst sagt dazu aus:

 

"Der Fall, welcher uns obschwebt, liefert also ein Beispiel von einer Menschenverstümmelungssucht, welche die erotische Monomanie im Gefolge hat, der jedoch immer ein Hang von Schwermuth vorangegangen ist, was bei jener gewöhnlich oder hauptsächlich der Fall ist." 

 

Der Arzt hält Bertrand für nicht verantwortlich für seine Taten, da er nicht "frei" war- ein erster Schritt zur Diagnose der Unzurechnungsfähigkeit vor Gericht, die so bisher nicht anzutreffen war. Ist ein Mensch, der klar artikuliert, der offensichtlich keine Gewaltbereitschaft gegenüber den Lebenden zeigt, trotz allem nicht Herr seiner Sinne und seines freien Willens? Der Arzt geht so weit, ihn sogar als "geheilt" anzusehen, seitdem Bertrand es selbst im Militärhospital erkannt haben will:

 

"Ich bin geheilt! Ich habe einen Menschen sterben sehen!"

 

Er gibt an, bis zu dem Punkt nie einen Menschen sterben gesehen zu haben- nun, da er den Tod an eigenen Kameraden gesehen hätte, würde  er keinen Toten mehr anfassen können. Wurde der Tod plötzlich "persönlich"? Kann das eine wirkliche "Heilung" eines solchen Triebes sein? 

 

Wie stark der Trieb hin zu den Leichen ihn prägte, wird aus der Zeugenaussage eines Totengräbers vom Südkirchhof deutlich: Er hätte mehrere Male einen Soldaten im Sergeantenrang bemerkt, der von Ferne Beerdigungen gefolgt sei und teils mit Bürgern gesprochen hätte. Gerade dieses Detail ist vielleicht ein Hinweis auf den planenden Charakter, der im Widerspruch zu dem "wüten" ohne Verstand und Absicht steht, wurde aber im Prozess wenig beachtet. Das Urteil lautet auf ein Jahr. Und danach verliert sich die Gewissheit, was aus dem Sergeanten Francois Bertrand und seiner "Besessenheit" wurde- nicht zuletzt dank eines Historiker-gemachten Problems eines weit größeren Ausmaßes, als es der Fall anfangs andeutete. Aber nichts ist eben, wie es scheint....

  

Und plötzlich ist alles anders...

Es war die Neugier, woher der Scheiber des kleinen englischen Wikipedia-Artikels zum "Vampir von Montparnasse" eigentlich seine Informationen hat. Ich erwarte bei meinen Recherchen immer, das sich irgendetwas deckt- es lediglich Ergänzungen gibt, die das Bild vervollständigen. Ich wollte gern schreiben, das Francois Bertrand danach das Leben lebte, das Ihnen der Wikipedia-Artikel nennt und im Jahre 1878 starb. Er soll im Jahre 1856 nach LeHavre gezogen sein, dort als Schreiber, Postmann und Leuchtturmwärter gearbeitet haben. Das klänge so schön...

 

Doch das davor- um genau zu sein die Art, wie der Fall Bertrand dargestellt wird- und sogar ein Zitat angeführt wird, das er später einmal so gesagt haben soll, passt in keinem einzigen Wort zum Gerichtsprozess, den ich Ihnen hier gerade vorgestellt habe! Plötzlich wird Bertrand zum "typischen" Nekrophilen, der schon als Kind tote Katzen und Hunde misshandelte. Weder das Jahr seiner Inhaftierung stimmt, noch die Darstellung, warum er es tat- hier wird er zum klassischen Sexualtäter- er spricht vom Genuss, den er mit einer lebenden Frau nie so haben könnte. Ein völlig abstruses Bild entsteht- aber woher hat dieser Artikel seine Informationen, wenn er schon Quellen angibt? Welche Quelle erzählt etwas so anders, das plötzlich die Frage aufkommt, ob das Dokument, das ich stundenlang auswertete, überhaupt Recht hat?

 

Warum entschied ich mich im guten Glauben für die Quelle? Was sollte man als Historiker vermeiden, um eben nicht das völlig Falsche zu schreiben? Ich vertraute auf die zeitnahe Übersetzung eines Gerichtsprozesses aus der Gazette des Tribunaux- einer französischen Fachzeitschrift der Rechte und der aktuellen Gerichtsprozesse, deren Ausgaben heute noch in den einschlägigen Archiven zu finden sind. Keiner Bild- oder anderer Skandalzeitung sondern dem Fachblatt für dieses Thema, das weder reißerisch unterhalten will noch ein Massenpublikum anspricht. Der Gerichtsprozess liest sich wie jeder andere, den ich jemals in die Finger bekam- seien es Hexenprozesse oder andere wohl nur für Historiker mit Durchhaltevermögen interessante Fälle.

 

Schauen wir doch einmal auf die "Quelle" für die Aussagen zum Sexual-Straftäter Bertrand im Wikipedia-Eintrag:

Der Bezug zu einem Buch von Anil Aggrawal wird gezogen. Ein indischer Forensiker, Spezialgebiet anscheinend abnorme sexuelle Praktiken. Veröffentlicht in den USA. Irgend etwas sagt mir, das ich schon weiß, warum es in eine Richtung gehen muss und was mich alarmiert. Ist es vielleicht das Cover, das Ophelia zeigt? Die verrückt wurde, ertrank und niemals etwas mit Nekrophilie zu tun hatte??? Sollte das etwa schon die Qualität des Werks verdeutlichen? 

 

Ich fühle mich sofort an ein Buch des Hitler-Forschers Volker Elis-Pilgrim erinnert, das ich vor kurzem las- Hitler I und Hitler II- Das sexuelle Niemandsland. Er stellt alles auf den Kopf und zerlegt regelrecht die bisherigen Theorien zum Normal-MANN Hitler. Provokativ- aber es macht Mut, bei so manch einem Autor mal genauer hinzusehen und Pilgrim macht vor allem eins- schlechte Beweisführung und mangelnde Quellenangaben zerreißen! Eines der schwierigsten, fast 900-seitigen Bücher, das ich jemals las. Gnadenlos wie ein Gerichtsprozess, erschöpfend und wiederholend damit auch die letzte (Un)Klarheit verabschiedet werden kann. Keiner meiner Artikel würde Pilgrim standhalten- aber ich behaupte auch nicht, Fachbücher zu schreiben... ich betreibe ganz offen Populärwissenschaft auf einer Internetseite. Trotzdem gebe ich Quellen und Zitate an und trenne klar meine persönliche Deutung vom Fakt.

 

Das Buch zum "Problem":

Necrophilia: Forensic and Medico-legal Aspects

 

Schockierenderweise genügen erste Sätze seiner Einführung, um Anil Aggrawal zu überführen:

Zitat Seite 1: 

 

"Necrophilia, sexual gratification by having sex with the dead, is one of the

weirdest, most bizarre and revolting practices of abnormal and perverse

sensuality."

 

"The term necrophilia is derived from the Greek words nekros (corpse,

dead body) and philia (love, friendship)."

 

Wissen Sie, was Philatelisten sind? Ich verrate es Ihnen- das sind Briefmarkenliebhaber. Also ich weiß ja nicht, was laut Herrn Aggrawal diese Herrschaften mit ihren Briefmarken machen- aber das Wort philia zum generell Sexbezogenen Wort zu degradieren schlägt jedem Philanthropen (Menschenfreund...) ins Gesicht. Der Begriff Nekrophilie bezieht sich oftmals auf einen sexuellen Grundstimulus, ist aber nicht zwangsweise mit der allgemein üblichen Ausübung verbunden! Ein Reiz kann indirekt kompensiert werden- bestes Beispiel: Hitler. Er ging nicht in die Konzentrationslager, um zu sehen, wie aufgrund seiner Macht Millionen Menschen starben und daran seine "Freude" zu haben. Trotzdem war die Massenvernichtung ein sexueller Stimulus für den Serienkiller in ihm! Was Herr Aggrawal von sich gibt und als "einzige Wahrheit" verkauft ist kaum fassbar....

 

Und so wird Francois Bertrand, so verdreht seine Psyche auch war, zum Opfer eines Autors, der auf Biegen und Brechen noch ein Beispiel für den Typ Nekrophil  "class VIIIb" brauchte. Der Artikel, den Aggrawal ab Seite 11 abliefert strotzt vor freier Erfindung, völlig unklarer Quellenlage oder aber ganz schlechter Recherche... beginnend mit der Aussage, das Bertrand Körper vom Friedhof Montparnasse ausgegraben hätte, um Sex mit ihnen zu haben und deshalb hiesse er "Der Vampir von Montparnasse".  Erster Fehler: er hätte die Körper auf Montparnasse ausgegraben. Historiker mit ein wenig Ethos gruselt es sofort- und das nicht wegen dem Begriff des Friedhofs sondern weil er einen Friedhof als Tatort nennt und diesem mit dem Klatschpresse-Begriff "Vampir von Montparnasse" die Exklusivität gibt, die er nicht hat! Mindestens 5 Friedhöfe wurden geschändet. Und er wurde als "Vampyr" bezeichnet, der Zusatz "in den Pariser Friedhöfen" ist bereits Titel eines Artikels und kann auch nur auf der Idee eines einzelnen Schreibers beruhen, verdeutlicht aber immer noch die Mehrzahl der Orte und ist somit geschichtlich korrekt.

 

Bei den Quellen ist Aggrawal so sparsam, das man sich aus drei Angaben die passende aussuchen kann- eine davon ein reißerischer Artikel des Independent zum Dracula-Film von 1993. Sie lesen richtig, liebe Historiker- der Zeitungsartikel zur Neuauflage des Stoker-Klassikers dient einem Forensiker als glaubwürdige Quelle für ein (ernstzumehmendes???) Buch über Nekrophilie. Nichts gegen den Film- aber ist das das Niveau eines Autors, der als ersten Satz im Impressum scheibt: "This book contains information obtained from authentic and highly regarded sources."

  

Hinterfragte Autorität

Ich hatte Ihnen am Anfang dieses Artikels etwas zu vermitteln versucht. Den Wolf im Schafspelz zu entdecken- das war nicht nur auf den harmlosen Soldaten bezogen, der sich als nekrophiler Serientäter entpuppte. Es war auf jedes vorgefertigte Urteil bezogen, das uns anscheinend "Wissende" vermitteln. Welches in den Canon des "genau so muss es sein" einstimmt- eben auch das: diese Menschen sind so, weil es die Zeitung so sagt. Weil mein Nachbar es so von dessen Tante weiß, die einmal neben einem "Grufti" im Bus saß, sind das alles Friedhofsschänder und Satanisten.

Weil ein Autor Forensiker und Professor ist muss er recht haben und Francois Bertrand war ein rein sexueller Triebtäter der nur das Eine wollte. Was es war- egal, wir wissen es doch eh... eben nicht!

 

Was in diesem Mann vorging wird wohl ein Rätsel bleiben. Er sagte auch: "Ich wusste nicht, was in mir vorging." Und er nahm seine Strafe mit einem Lächeln an. Als hätte die Welt ihm eine Last abgenommen. Sich erklären zu müssen und einen Sinn darin zu finden, warum er so war, wie er war. Er hätte die Kontrolle über sich selbst haben müssen, um die Autorität seines kranken Geistes zu hinterfragen. 

  

Nicht jeder Mensch, der so ist, wie er ist, ist kriminell. Doch nicht immer kann man erklären, warum ein Mensch eben anders "tickt" als die Mehrheit. Wer besser oder schlechter ist, entscheidet nicht das Äußerliche, wie sollte es dann den Wert eines Menschen spiegeln?