Caroline-ein Theaterstück


Seit über einem Jahr nun beschäftige ich mich mit den Einst-Lebenden und ihren Geschichten, habe aber bisher nie so richtig verraten, wie alles begann. Es brauchte eben eine Weile, bis ich innerlich auch bereit war, das zu verraten, ist es doch eine etwas andere Art der "Forschung" und vielleicht wird der ein oder andere Leser es nur als "Märchen" ansehen. Wer sich allerdings schon immer gefragt hat, woher ich so manche (verrückte?) Idee oder Info nehme- nun: Caroline ist an Allem schuld!

 

Passend zu dieser Dame, die ich Ihnen später auch noch einmal direkt vorstellen werde und was sie eigentlich von mir wollte- gibt es heute ein "Theaterstück" der etwas anderen Art. Ich wünsche Ihnen viel Spaß, der ein oder andere Leser ahnt vielleicht, was hinter all dem steckt und das es nicht immer so lustig ist, wie es hier (hoffentlich) klingt.

 

Willkommen in Carolines Welt...

Prolog

„Komm zurück.“ Kate Winslet in Titanic. Szene mit der Tür und der Trillerpfeife- Sie erinnern sich? „Komm zurück.“ Nur die Pfeife fehlt...

 

1. Akt- 1. Szene: Stimmen

„Oh bitte- sei nicht so melodramatisch! Wir sind hier nicht im Theater!“ fluche ich leise und will weitergehen. Aber nein- jeder Schritt wird schwerer- als würde mich ein Magnet zurück ziehen. Ich drehe mich nochmal um.

 

„Komm zurück!“ sagen nun mehrere Stimmen- die Weibliche (könnte eine schöne Singstimme haben) und mehrere Männliche. Na toll. Ich gehe zurück. Ein reines Stimmengewirr. „Komm zurück. Hör zu. Erzähl ihnen 

von IHM. Erzähl die Wahrheit über IHN.“ Das muss man sich jetzt im Choral vorstellen- alle durcheinander. Jeder pischpert (ist das ein deutsches Wort-kennen Sie das? Oder ist das sächsisch oder sorbisch?). Nun- sie 

nutzen diese nervige Lautstärke, wo sie sich wünschen, das die Herrschaften entweder ruhig sind oder wenigstens deutlicher sprechen, damit man es versteht. Pischper, Pischper. Pischper -wie im Theater bevor 

es losgeht.

 

„Ja, ist gut- was willst du?“ Ich gebe zu ich bin nicht wirklich entspannt in diesem Moment- ich neige zum genervt sein wenn sie es auf die Art tun. Ab in die Zone- wen interessiert die Realität? Jetzt gehörst du uns!

 

 

Trinitatisfriedhof Dresden. Bildrechte: Susann Wuschko

1. Akt- 2.Szene: Fremdgesteuert

Also lesen. Caroline von Heygendorff. Andere von Heygendorffs... Männer. Aha. Caroline von Heygendorff. Caroline. Caroline. Ja- ich habs mir gemerkt! Mein Gott, wie anstrengend! Und jetzt geh ich erstmal. Ab 

um die nächste Ecke. Völlig verplant. Andere Namen, andere Grabsteine.

 

Ich steh plötzlich vor der Auskunftstafel am Eingang. Wie komme ich eigentlich hier her? Egal. Da steht es. Caroline von Heygendorff. Schauspielerin. Na Klasse- ich habs geahnt! Dieses Penetrante, Theatralische. Laß mich raten- Drama? Wem bist DU eigentlich so alles auf den Nerv gegangen? Okay- das ist gemein. Ich nehme es zurück.

Ich stehe plötzlich wieder vor dem Familiengrab auf dem Trinitatisfriedhof in Dresden. Gestorben 1854. Ach- das wird lustig... wie soll ich dich denn finden? Warst du so bekannt? Ich kenne dich nicht- nie von dir gehört. Und  wer ist ER?

 

„Erzähl ihnen von IHM. Erzähl die Wahrheit.“ sagt sie bestimmt. Okay-aber bist du dann ruhig? 

 

Kraa sagt die Krähe im Baum über dem Grab. Okay, das nehme ich als ja. Aber wem soll ich von dir erzählen?

  

2. Akt- 1.Szene: Ich ergebe mich!

Am nächsten Tag fahre ich im schönsten Frühlings- Lockdown mit dem Fahrrad wieder zum Grab der Karoline Jagemann, wie ich nun weiß. Sie war eine der berühmtesten Theaterschauspielerinnen der Weimarer Zeit. 

Und ER- das ist Goethe. Den „Gott“ des Theaters und keinen Geringeren hat sie gemeint. Und die Wahrheit ist es wirklich wert, erzählt zu werden (Wie soll ich denn bitte unparteiisch bleiben, Caroline, wenn ich den Mann

vorher schon nicht mochte und du mir dann so etwas anvertraust???). Aber das kommt noch, wenn ich all das ausgewertet habe, was Caroline mich wissen lassen will. Das ist die andere Geschichte dieses Grabes, die es 

eines Tages auf diesem Blog zu lesen geben wird. 

 

Es war das Versprechen, das ich Caroline an diesem Tag ans Grab brachte- ihre Geschichten- die der Verstorbenen, zu erzählen. Ich sagte es ihr wirklich so: „Wenn ich auf meinem Blog von Euch schreibe, gibst du dann

Ruhe?“ Sie war verdächtig still, was wohl bei Caroline als Ja gilt. Sie ist der Grund, warum ich im Jahr 2020 alles über Bord geworfen habe, was bisher hier stand.  

 

 

Grab Caroline von Heygendorffs auf dem Trinitatisfriedhof. Bildrechte: Susann Wuschko

 

2. Akt- 2. Szene: Zurück in die Realität

Ich ging zu ihr, nachdem ich am Vortag nicht nur nach ihrer Geschichte forschte sondern auch merkte, das ich realen Rückhalt von einer guten Freundin habe- sie brachte mich aus der Zone per Telefon zurück und war sofort da, um zuzuhören. Denn so locker das hier klingt- es ist extrem energiefressend, so eine Situation für längere Zeit durchzuhalten. Und ich weiß, das es auch in Ohnmacht enden kann, wenn sie ganz gnadenlos werden- ich kenne es seit ca. 25 Jahren. Caroline ging nicht so weit- zum Glück, wäre peinlich auf dem Friedhof umzukippen...aber das hätte so nach schwacher Frau in Not ausgesehen- und das passt nicht zu der „Emanze“.

 

Gäbe es nicht die realen Menschen, die mich darin unterstützen- wo wäre ich da? Wäre ich mutig genug, das hier zu schreiben? Nein. Es ist zu verrückt, wenn einen die Seelen von der anderen Seite mal eben auf dem Friedhof ansprechen. Sie merken es, das meine Tür nie zuging, nachdem ich einmal vor langer Zeit dort drüben war. Ich wollte dort nicht wieder weg- ich wollte es nicht vergessen. Das hab ich nun davon. 30 Jahre später

geben sie mir genügend Zeit, um all die historische Vorbildung zu betreiben. Sie haben sich langsam an meine Anwesenheit gewöhnt und nach und nach werden auch andere gesprächig.

 

3. Akt- 1.Szene: Eine Frage des Charakters

Manche sind eher stumm und neigen dazu, mich zum Zombie zu machen- einfach der Nase nach und plötzlich stehe ich da vor einem Grabstein und denke mir nur: Ach- wen haben wir denn da? Hast du mir was zu erzählen?

Sie sind diese Magnet-Spieler. Man kommt nicht von ihnen weg, geht immer wieder zurück und fragt sich- was ist es? Was willst du mir sagen? Andere „klopfen“ vorsichtig an und harren aus, bis ich Zeit für sie habe. Ja, und dann gibt es diese lauten, irren und absolut unübersehbaren Seelen. Gib ihnen den kleinen Finger- nur einen kurzen Blick mit einem Auge auf ihr Grab- und sie springen verbal los. Pischper- Pischper-Pischper. Sieh mich, hör mich- ich bin hier! Sie freuen sich regelrecht, das mal einer guckt. 

 

Und nein, sie sind nicht wirklich sichtbar oder reden real in dieser Welt. Das ist sehr viel komplizierter mit der Zwischenwelt. Und nein- ich verwechsle nie etwas oder drifte völlig ab- ich nehme alles um mich herum

wahr, aber es braucht (körperliche) Energie. Und ich glaube sie sind so gesprächig, weil ich keine Angst habe. Wovor auch? Von mir aus können sie sich auch über ihre schlecht gepflegten Gräber beschweren oder das nie jemand zu Besuch kommt, ich hör zu, ich hab ja Zeit.

 

3. Akt- 2. Szene: Alles kommt zusammen

Haben sie erst einmal herausgefunden, wie das mit dem Google funktioniert dann kommen die verrücktesten Entdeckungen heraus. Nimm den Link. Das da. Such den Namen. Der Fakt ist wichtig. Eigentlich sind sie es, die dann auf meiner Tastatur unterwegs sind... -Die Ergebnisse werden zu Blogartikeln. Geschichte kann so spannend sein, wenn die Verursacher sie selbst erzählen...

 

 

Und Caroline? Ja, wir hören uns gelegentlich. Ich hab sie gebeten, auf ihrem Friedhof zu bleiben. Man sollte sich nie zu viel Arbeit mit nach Hause nehmen- und sie KANN stressig sein. Bitte nicht singen...aber ich danke ihr für alles, wozu sie mich angestiftet hat, diese ruhelose Drama-Queen!


Grab Caroline von Heygendorffs auf dem Trinitatisfriedhof. Bildrechte: Susann Wuschko

 

geb. Jagemann

geb. in Weimar am 25. Jan. 1777

gest. in Dresden am 10. Juli 1848

 

 

Friedhof: Trinitatisfriedhof


Caroline und Goethe in Weimar- folgt demnächst...